Ein wunderbares Buch von Silke Helfrich, die leider viel zu früh verstorben ist und David Bollier, das für mich eine Sicht auf die Dinge ermöglicht, die ich schon lange gesucht habe. Peter Schillinski hat mein Verständnis von Sozialer Dreigliederung geprägt, der die Idee der sozialen Dreigliederung ins Menschliche hob. Selbsterkenntnis, Menschenkenntnis, Liebe und Interesse am Anderen.
Ein weiterer Schritt wurde durch Hildegard Kurt gesetzt: Wachsen, das Geistige in der Nachhaltigkeit und Die neue Muse, beschreiben für mich die weitere Schritte. Sie füllen die Ideen von Peter mit Leben und formulieren es etwas tiefer ins Sinnliche, ins Geistige. Sie zeigen Wege in die Zukunft auf.
Und mit dem Buch von Helferich und Bollierr nun tun sich für mich weitere Handlungsfelder auf…
Das geschieht dadurch, dass Helfrich/Bollier eigentlich nichts anderes tun als genau hinzuschauen und Muster erkennen, die ein gelingendes Miteinander möglich machen. Hier sind die Prinzipien von Gemeinwohl, Gleichheit, Freiheit, Kooperation, Ichselbst und Gemeinschaft beobachtet worden und werden beschrieben, durch die Formulierung von Mustern.
Commons verstehen sie dabei als soziale und selbstorganisierte Prozesse zwischen Gleichrangigen.
Aber eigentlich beschreiben Sie das, was passiert, wenn wir uns bemühen in Gemeinschaften oder allein dieser „möglichen, besseren Welt“ näher zu kommen.
Für mich beschreiben sie das, was Menschen tun, wenn sie achtsam und aufmerksam in Verbundenheit mit allem umgehen. Dabei werden keine Handlungsanweisungen gegeben, auch wenn das so wirkt.
Die Triade des Commoning (siehe den Link zur Grafik ganz unten) erzeugt in mir eine Assoziation zur Sozialen Dreigliederung. Dabei sind die Muster freibleibend, im jeweiligen Kontext zu verstehen, veränderbar und erweiterbar. Jede*r kann dazu beitragen, hier etwas weiter zu entwickeln. Ich verlasse das Modell, die Prinzipien und gehe mit einem bewußten Ich in den sozialen Organismus. Ich lebe darin und der Organismus wird für mich erlebbar/lebbar.
Mit dem Begriff Commoning beschrieben sie einen „offener Prozess, in dem Menschen situationsspezifische Formen bewusster Selbstorganisation durch Gleichrangige erkunden und verwirklichen. Sie entwickeln zugleich Formen, um selbstbestimmt Nützliches und Sinnvolles für sich und andere zu schaffen und bereitzustellen. Commoning geschieht, wenn Menschen eigenständig entscheiden, was sie brauchen, wenn sie unter Rücksichtnahme aufeinander ihre Bedürfnisse befriedigen, gemeinsame Vermögenswerte bewirtschaften und ihre Angelegenheiten regeln. Sofern sie dabei auf situiertes Wissen zurückgreifen, stärkt dies ihre kreative Handlungsfähigkeit und die Kompetenz, Lösungen zu entwickeln, die ihnen fair und effektiv erscheinen. Commoning beinhaltet, mit Mehrdeutigkeiten und Unsicherheiten zu leben.“
„Die Macht des Commoning ist nicht auf zwischenmenschliche Beziehungen in überschaubaren Gruppen beschränkt, sie wirkt auch in der gesamtgesellschaftlichen Organisation.“
Hier wird die soziale Dreigliederung tief erfasst und die Prozesse abgebildet. Das bedeutet aber natürlich, dass die einzelnen der 28 Muster geübt werden müssen, wie in einer gemeinsamen Meditation. Welch ein Genuss.
Ein Beispiel: „Wenn Konflikte entstehen, können die Lösungen schrittweise umgesetzt werden, so dass immer wieder eine offene, transparente Auseinandersetzung über den Konflikt erfolgen kann. Eine beliebte und einfache Technik, dies zu tun, ist der Kreis (Runde Tische sind nicht umsonst Teil unserer politischen Geschichte!): Im Kreis – wir haben das mit mehr als hundert Menschen erlebt – kann eine problematische Situation bzw. ein problematisches Verhalten besprochen werden. Die Kunst besteht darin, allen das Recht einzuräumen, gehört zu werden, Zeugnis abzulegen und Änderungen vorzuschlagen – und gleichzeitig über das wahrgenommene Problem und seine Wirkungen offen zu reden. Das bedeutet nicht, dass alle reden müssen, aber es gibt die Möglichkeit, dies zu tun. So wie beispielsweise in den »Kreisgesprächen« von Mitgliedern des venezolanischen Kooperativenverbandes Cecosesola: Wenn man diese verfolgt, kann es angenehm verwundern, wie »Beschwerden« über Einzelne in einen Kontext von Wertschätzung eingebettet sind. Nach anstrengenden Reflexionen und dem Abschluss des Kreisgesprächs kommt es vor, dass »die Beschuldigten « von Einzelnen in den Arm genommen werden. Diese Gespräche sind trotzdem überaus schwierig, denn sie sind Ausdruck komplexer zwischenmenschlicher Konflikte und daher mit tiefen Emotionen verbunden – und doch signalisieren die Beteiligten durch ihre Wortwahl und die Umarmung am Ende ihre Wertschätzung.
Die Fähigkeit, ehrliche Kritik mit Respekt und sogar Zuwendung zu verbinden, fällt nicht vom Himmel. Sie muss eingeübt werden. Vielleicht beginnt es damit, dass Eltern ihren Kindern auch dann einen Gute-Nacht-Kuss geben, wenn ein Streit vorausgegangen ist. Der Konflikt – so die Botschaft – ist es nicht wert, durch die Nacht getragen zu werden.“ Da bin ich wieder bei Peter Schilinski: Im Streit das Positive im Anderen zu sehen.
Dieter Koschek
Silke Helfrich&David Bollier, Frei, fair und lebendig, Die Macht der Commons, transcript, April 2019, S. 450,
Das Buch gibt es auch als freier Downlaod https://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-4530-9/frei-fair-und-lebendig-die-macht-der-commons/

Triade des Commoning

 

 

Das NETZ BB unterstützt die Herausgabe des Pluriversum-Buchs in deutscher Sprache. Mehr Infos hier: www.netz-bb.de

Wir suchen Unterstützung für die Herausgabe des „Pluriverse – A Post-Development Dictionary“ in deutscher Sprache.

Mehr als 100 Autor*innen stellen vielfältige wirtschaftliche, sozialpolitische, kulturelle und ökologische Konzepte, Weltanschauungen und Praktiken aus aller Welt vor. „Post-Entwicklung“ hinterfragt das herrschende westliche Entwicklungsmodell und zeigt Alternativen auf, die das Leben auf der Erde schützen und respektieren: Ein Pluriversum vieler möglicher Welten, das eine Vielzahl von Systemkritiken und Lebensweisen umfasst.

Dieses Lexikon möchte die laufende Debatte über die sozial-ökologische Transformation re-politisieren, indem es ihre Vielschichtigkeit herausarbeitet.

Das Buch ist all jenen gewidmet, „die sich für das Pluriversum einsetzen, die sich gegen Ungerechtigkeit wehren und Wege für ein Leben in Harmonie mit der Natur suchen“.

Die englische Erstausgabe erschien in Indien und wurde bereits auf Französisch, Italienisch, Portugiesisch und Spanisch übersetzt, weitere Sprachen sollen folgen. Wir möchten diese Vielfalt alternativer Lebensweisen auch für deutschsprachige Leser*innen erschließen.

Helft bitte mit, dass dieses wichtige Buch breit und preisgünstig weitergegeben werden kann!

Ebenso wie die Originalausgabe soll auch das deutschsprachige Werk online und als gedrucktes Buch erscheinen. Bei fast 400 Seiten und angesichts steigender Preise sind wir auf Zuschüsse für die Herstellungskosten angewiesen, damit das Buch trotzdem günstig bleibt. Wir möchten den Verkaufspreis deutlich unter 20 Euro halten.

Wir möchten das Buch für etwa 15 Euro anbieten, darum sammeln wir weiter Spenden, auch über die urspr. angepeilten 4.000 Euro hinaus, denn die Druckkosten steigen. Jeder gespendete Euro wird dafür verwendet, den Preis niedrig zu halten (trotz mehr als 400 Seiten). Die Autor*innen und Herausgeber*innen (aus allen Kontinenten) haben keine Honorare erhalten, auch die Übersetzer*innen arbeiten unentgeltlich.

Das Buch wird bei „AG SPAK Bücher“ erscheinen. Träger des Verlags ist der gemeinnützige „Verein zur Förderung der sozialpolitischen Arbeit e.V.“, der Spendenquittungen ausstellen kann (bis 200 Euro reicht der Überweisungsbeleg).

Nennung und Buch ab 100 Euro

Alle Spender*innen, die sich bis 31. März 2023 mit 100 Euro oder mehr beteiligen, werden als Unterstützer*innen genannt (sofern sie das möchten) und bekommen das Buch zugeschickt.

Ab 500 Euro nehmen wir gerne auch euer Logo mit dem Spendenhinweis ins Buch auf.

Bitte macht mit – am besten jetzt gleich! Spendenkonto:

Verein zur Förderung der sozialpolitischen Arbeit eV.

IBAN: DE 55 7001 0080 0094 4608 09

BIC: PBNKDEFF

Verwendungszweck: „Spende Pluriversum“ + Euer Name und Anschrift (+ ggf. „keine Nennung“, falls Ihr als Unterstützer*in im Buch nicht genannt werden möchtet)

Wir freuen uns über jeden Beitrag!

Alberto Acosta (für die Herausgeber*innen)

Hannelore Zimmermann und Waldemar Schindowski (AG SPAK Bücher)

Elisabeth Voß und Anna Katharina Voß

Englische Ausgabe online (pdf):

https://globaltapestryofalternatives.org/_media/publications:en:pluriverse_a_post-development_dictionary.pdf

Zum Verlag: https://www.agspak-buecher.de/

Kontakt für Fragen, Hinweise etc.:

Hannelore Zimmermann: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Tel. 07308 – 91 90 94

Elisabeth Voß: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Tel. 030 – 216 91 05

Ihr findet diesen Aufruf auch hier: www.netz-bb.de

 

Seit längerer Zeit ist Anne schwer erkrankt. Sie kann sich nur noch eingeschränkt bewegen, kaum sprechen und muss dauerhaft versorgt werden. Eine Verbesserung ihrer gesundheitlichen Situation ist nicht in Sicht. Als KollegInnen und FreundInnen von Anne wollen wir sie, mit den uns möglichen Mitteln, unterstützen. Dazu gehören besonders Besuche, damit Anne mitbekommt, dass ihre FreundInnen sie nicht im Stich lassen.

Anne hat sich, selbst am Existenzminimum lebend, seit Jahren für arme Menschen eingesetzt. Sie war Aktivistin innerhalb der Kampagne gegen Hartz IV in Berlin, arbeitete in lokalen und bundesweiten Erwerbslosenzusammenhängen mit und war eine nicht wegzudenkende Beraterin für sozialpolitische Fragen. Zudem war sie zeitweise in der Redaktion des „express“ tätig und veröffentlichte dort, neben Rezensionen, auch diverse politische Texte. In der letzten Zeit befasste sie sich im Rahmen ihrer Mitarbeit im Berliner Arbeitskreis „Marginalisierte – gestern und heute!“ mit der Geschichte von Unangepassten und Missliebigen, insbesondere der Aufklärung über die Verfolgung und Vernichtung so genannter Asozialer im Nationalsozialismus. Aus dieser Zusammenarbeit entstanden nicht nur künstlerische und politische Veranstaltungen, sondern auch zwei Bücher über Sozialrassistische Verfolgung im deutschen Faschismus beim Verlag agspak.

Mit diesem Aufruf möchten wir alle bitten, die Anne kennen oder kannten, mit ihr zu tun hatten oder die politische Arbeit von Anne unterstützenswert fanden, den Kontakt zu ihr zu suchen.
Wer sich weiter erkundigen möchte, Anne besuchen möchte oder etwas anbieten kann wendet sich direkt an:
Annerose Allex und Götz Wilhelm Renger
Hausburgstraße 28
10249 Berlin – Friedrichshain
Mobil: (0152) 2852 0685
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Danke!
Harald Rein, Hinrich Garms

 

Krankenhauskommission legt weitreichende Vorschläge vor!

Nun liegt sie also auf dem Tisch, die die Empfehlung der Kommission zur Reform der Krankenhausversorgung in Deutschland.

Bundesgesundheitsminister Lauterbach hatte die Kommission eingesetzt, als ein Organ, was unabhängig von den jeweils eigenen Interessen Vorschläge zu einer Überwindung der Versorgungskrise ausarbeiten sollte. Pikanterweise waren – bisher unüblich für die Vorbereitung größerer Reformvorhaben im Gesundheitswesen - die Organe der Selbstverwaltung (Ärzt:innen, Krankenkassen, Krankenhäuser) nicht eingebunden. Auch die Patient:innen hatten keine Stimme im Gremium. Lauterbach hatte immer wieder betont, es gehe ihm um ein strikt „evidenzbasiertes“ Vorgehen.

Das Anliegen ist wichtig, es ist dringend. Das bisherige System hat zu massiven Fehlanreizen geführt. Am Beispiel der Kinderkliniken kann dies verdeutlicht werden: Die Bettenanzahl in den Kliniken betrug Anfang der 90er Jahre noch 31.000 und liegt heute bei 18.000, die Anzahl der Kinderkliniken bzw. Kinderabteilungen hat sich im gleichen Zeitraum um 100 verringert auf heute 334. Wesentlicher Grund: Das sogenannte Fallpauschalensystem - Krankenhäuser finanzieren sich über Leistungspauschalen und stehen dabei im Wettbewerb zueinander. Kinderabteilungen sind aber sehr personalintensiv und die Leistungen dafür in den Kliniken werden vergleichsweise schlecht vergütet. Zunächst sind all dies nur blanke Zahlen. Faktisch aber bedeutet es, dass viele Kliniken in Ballungsräumen keine Kinder mehr aufnehmen können. Betten für die Intensivbehandlung von Kindern sind in vielen Regionen derzeit nicht vorhanden.

Zentraler Bestandteil des jetzigen Vorschlages ist es, die Krankenhäuser – je nach Versorgungsstufe unterschiedlich – durch sogenannte Vorhaltepauschalen abzusichern. Im Gegenzug soll die Finanzierung über Fallpauschalen ihrem Anteil nach deutlich abgesenkt werden. Die Hauptidee dabei war es, die Versorgung in den Kliniken vom ökonomischen Druck zu entkoppeln, den sie derzeit weitergeben an Pflegende, Therapeuten und Ärzte. Denn die Konsequenz daraus: Ein massiver Mangel an qualifizierten Mitarbeiter:innen in der Pflege und im Bereich des ärztlichen Dienstes.

Weiterlesen: MEHR MEDIZIN STATT ÖKONOMIE

Gutes Essen für alle statt Profite für wenige

Viel zu wenig Regen, trockene Böden und schlechte Ernten – die Klimakrise wird auch bei uns immer bedrohlicher. Die Wachstumslogik und politische Fehlentscheidungen sind verantwortlich für das Überhitzen des Planeten und das dramatische Artensterben. Viele Höfe müssen dichtmachen, während weiter große Tierfabriken genehmigt werden. Weltweit wächst der Hunger und auch hierzulande wissen viele Menschen nicht mehr, wie sie ihren Kühlschrank füllen sollen. Deswegen kämpfen wir für die sozial-ökologische Transformation!

Wir haben es satt!-Demo 2023 I 21.1.23 | Berlin

https://www.wir-haben-es-satt.de/

»Es kann jede soziale Bewegung treffen«

Klimaschutzaktivisten sitzen in Bayern in »Präventivhaft«. Staat verschärft Repression gegen Linke. Ein Gespräch mit Münir Derventli

Interview: Henning von Stoltzenberg

Münir Derventli ist Aktivist der Roten Hilfe München

Anfang November wurde nach Straßenblockaden eine 30tägige sogenannte Präventivhaft gegen Klimaschutzaktivistinnen und -aktivisten verhängt. Was genau wird den Betroffenen vorgeworfen?

Die Mitglieder der Gruppe »Letzte Generation« hatten am 3. November zweimal eine Hauptverkehrsader in der Münchner Innenstadt mit Sitzstreiks blockiert und dadurch den Verkehr behindert. Sie kündigten danach an, die Aktion zu wiederholen.

Das klingt nach einer Bagatelle. Warum diese drastische polizeiliche Maßnahme?

Einfach gesagt: Weil sie es können. Genau vor solchen Möglichkeiten hatten die Kritikerinnen und Kritiker des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes gewarnt. Wie üblich werden die Gesetzesverschärfungen mit krassen Fällen begründet: Es gehe dabei um den Kampf gegen Terrorismus oder Kindesmissbrauch. Aber im Alltag werden die Maßnahmen dann gegen jegliche Formen des sozialen Widerstands und Protestes eingesetzt. Dass das bei uns in Bayern mit der CSU-Regierung schärfer ausfällt als in anderen Bundesländer, ist keine neue Entwicklung. Mit dem Verweis auf eine »drohende Gefahr« können Aktivistinnen und Aktivisten nun inhaftiert werden, bevor eine vermeintliche Straftat überhaupt stattgefunden hat – in diesem Fall wegen der Ankündigung, eine gewaltfreie Sitzblockade zu wiederholen. Das ist schon ein starkes Stück.

Andererseits zeigt diese Maßnahme auch die Hilflosigkeit der Herrschenden bei der Frage, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Immer mehr Menschen sind der Meinung, dass der Kapitalismus nicht in der Lage ist, ernsthaft gegen den Klimawandel vorzugehen – nicht zuletzt auch deshalb, weil er durch ihn verursacht wurde. In der Folge wächst die Bereitschaft, selbst aktiv zu werden und auch radikalere Aktionsformen zu erproben. Das kann den Herrschenden nicht gefallen. Vor allem sehen sie das Risiko, dass die Klimagerechtigkeitsbewegung zunehmend den Kapitalismus als Ganzes in Frage stellen könnte.

Überrascht Sie dieses Vorgehen der Justiz? Hat es so etwas bereits in der Vergangenheit gegeben?

Uns erstaunt, dass das Gericht dieser Maßnahme zugestimmt hat, ohne zumindest kosmetische Abschwächungen vorzunehmen. Es hat die Entscheidung einfach abgenickt. Wenn wir uns allerdings anschauen, dass gewisse Politikerinnen und Politiker sowie zahlreiche Medien in der letzten Zeit enorm gegen Teile der Klimabewegung gehetzt haben, war absehbar, dass die Repression verstärkt würde.

In der Vergangenheit gab es vergleichbare Fälle, allerdings waren davon Geflüchtete betroffen. Sie wurden zum Beispiel in Unterbindungsgewahrsam genommen und von dort aus abgeschoben. Erst hat es möglichst still und leise die eine unerwünschte soziale Gruppe getroffen, jetzt wird die Maßnahme auf öffentliche soziale Proteste ausgeweitet. Die Reaktionen auf diesen Versuch, den Einsatz eines derartigen Repressionsinstruments zu normalisieren, müssen laut und deutlich sein.

Wie kann man den Betroffenen zur Seite stehen?

Generell unterstützen wir von der Roten Hilfe politisch Aktive, die wegen ihrer fortschrittlichen Arbeit Ärger mit dem Staat bekommen. Dabei vermitteln wir auch solidarische Anwältinnen und Anwälte, wenn das gewünscht ist. Wir ermutigen Betroffene, sich vor Gericht zu wehren. Unser Rat ist stets, zur Anklage die Aussage zu verweigern, nicht an der eigenen Verurteilung mitzuwirken, sondern politische Statements abzugeben.

Im konkreten Fall sind wir Teil der Protestbewegung und unterstützen die Inhaftierten nach unseren Möglichkeiten. Wir fordern, dass die Eingesperrten sofort freigelassen werden. Vielleicht noch ein kleiner Appell: Es ist nicht der Zeitpunkt, um über Sinn und Unsinn von Aktionsformen zu diskutieren und davon die konkrete Solidarität abhängig zu machen. Die Präventivhaft bedroht potentiell alle linken Aktivistinnen und Aktivisten. Es kann jede soziale Bewegung treffen – denken wir an die nächste Ankündigung, einen Naziaufmarsch zu blockieren oder einen sogenannten wilden Streik durchzuführen. Dieses Gesetz muss vom Tisch.

https://www.jungewelt.de/artikel/438898.einschr

Sabine Conti: Der neue Fisch in mir. Krebs - und ein anderes Leben beginnt
2022 / 106 S. / ISBN 978-394595965-7 / 14 Euro

Inhalt
Wie umgehen mit der Diagnose Brustkrebs? Zurück von einer stürmischen Schifffahrt im eisigen Polarmeer wird die Autorin durch die Diagnose Brustkrebs unvermittelt in einen Zustand der Schockstarre katapultiert, lässt ­alles passieren, will nichts wissen und beamt sich von ihrer Oberfläche weg in die Südsee ... Während sich die Corona-Pandemie wie ein Sandsturm über die sie umgebenden Gesichter im Krankenhaus legt, greift sie, allein im Wartezimmer, zu Pinsel und Stift und beschreibt in erschütternden ­Bildern ihre Gefühle und Krankheitsgeschichte.
Es ist ein einziges Warten: Warten auf Termine, Warten auf und nach ­Untersuchungen, Warten auf Ergebnisse. Ein tonloses Warten, da keine Begleitpersonen gestattet sind. „Nicht einmal ein Lächeln schwirrt mir zu. Ich sehe viele sorgenvolle, ängstliche, ruhelose, unsichere und auch einige sehr abgeklärte Augenpaare unter richtigen oder falschen Haaren, den seltsamen Beanies, Mützen und Schals. Der Rest ist Maske.“
Sie nimmt die Lesenden mit auf ihrer Reise nach außen und innen zu ­einer­ Gesamtschau an Bildern zu ihrer Erkrankung und Behandlung. Die sie umgebende Krankenhauswelt erscheint wie von einem anderen Planeten: Krankheit und rauen Gezeiten ausgeliefert, vorbei an lauernden Gefahren im Meer ihres Körpers findet sie festen Boden im Wald, beim Joggen mit ihrem Hund. Sie vertreibt die Schreckgespenster durch kreatives künstlerisches Schaffen und gewinnt ihren Lebensgeist, ihren Stolz, ihre Würde und Handlungsfähigkeit zurück.

Inhaltsverzeichnis
Vorworte / Sandsturm / Papierkram / Warten / Medizintechnik / Port / Haarvarie / Erster Chemotag / Where am I to go / Der Augenwald / Libido / Lebensgefährlich / Parallelwelt / Tanzende Füße/ Chemotag / Who is my skin? / Pille Palle / Panic Pillepalle

Zur Autorin
Sabine Conti geb. Joswig, erblickt 1963 in Freiburg i.Br. das Licht der Welt, verbringt ihre ersten Lebensjahre in Hinterzarten, im Hochschwarzwald nahe der Ravennaschlucht und dem Höllental. Sie begleitet ihren aus Micronesien stammenden Vater, Sohn eines Missionars auf ein Atoll in der Südsee.
Schon früh beginnt sie zu zeichnen und schreibt den ersten Comic als Schülerin, studiert später Architektur in Kassel, entwickelt das erste Nutzungskonzept des Gründerinnenzentrums Weiberwirtschaft e.G., engagiert sich in der Frauenbewegung, baut u.a. eine Kirche in der Südsee und ist seither als Architektin, Stadtentwicklerin und Klimaschutzmanagerin federführend an der Planung, Gründung und Umsetzung zahlreicher selbstverwalteter Wohnprojekte und -genossenschaften beteiligt.
2019 segelt sie in die Antarktis. 2021 wird bei ihr Brustkrebs diagnostiziert. Es folgt eine Chemobehandlung mit anschließender Antikörpertherapie. Im gleichen Jahr initiiert sie den Verein Schreckgespenster und Lebensgeister e.V.. und setzt sich künstlerisch mit der traumatischen Erfahrung Brustkrebs auseinander. Es entstehen zahlreiche Zeichnungen, die sie im Herbst 2021 in der Ausstellung „Der neue Fisch in mir“ präsentiert.
Sie wohnt in einem von ihr umgebauten Feriendorf in der Nähe von Kassel, hat einen Hund, einen Sohn und einen Mann, arbeitet wieder und befindet sich gern im Wald und auf dem Meer. 

29. Oktober 2022, 15 – 17 Uhr Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Str.4

Es gibt mehr als ein Dutzend Psychiatrie-Museen im deutschsprachigen Raum, aber keine Sammlung entstand bisher aus der Perspektive der Betroffenen oder fußt auf ihrer Kompetenz. Hier betritt das „MAD_Museum Anderer Dinge“ Neuland. Am 29. Oktober 2022 findet im Haus der Demokratie die feierliche Eröffnung bzw. der Launch dieses Online-Museums statt.
 
Zu der Sammlung gehören u.a. eine Puppe, eine Nachtigall, ein Hammer, ein Papierkorb, Geldscheine, Kleidungsstücke, Fotos, aber auch ein Krankenbett, eine Spritze, ein Gerichtsbeschluss. Die Dinge sprechen nicht für sich. Im Mittelpunkt stehen die Geschichten derer, die sie besaßen, nutzten oder mit ihnen konfrontiert waren. Über die Sammlung hinaus bietet das „Museum Ander Dinge“ thematische Ausstellungen sowie persönliche „Streifzüge“ durch das Museum.
 
Die Museums-Stifter*innen waren zuvor Interviewpartner*innen in dem Forschungsprojekt „Ding-Bedeutungen in Krisen-, Verrücktheits- und Psychiatrie-Erfahrungen“. Gefördert wurde das Projekt vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung und im betroffenenkontrollierten Design an der Medizinischen Hochschule Brandenburg durchgeführt. In seinem Grußwort betont Mario Brandenburg,
Parlamentarische Staatssekretär des BMBF: „Das Projekt hat damit den Betroffenen selbst eine Stimme im Forschungsprozess gegeben. Es stellt auf beeindruckende Art unter Beweis, wie Wissenschaft nicht nur an und über Menschen forschen, sondern sie in den Prozess der Erkenntnisgewinnung selbst einbeziehen kann.“
 
Anlässlich der Eröffnung sprechen einige der Stifter*innen über die von ihnen eingebrachten Objekte. Das Team des „Museums Ander Dinge“ wird den wissenschaftlichen und aktivistischen Hintergrund des Projekts erläutern. So betont auch die Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth, die Notwendigkeit partizipativen Ausstellungsdesigns: „Wenn es darum geht, kreative Fähigkeiten zu entwickeln und Talente zu entfalten [kann] von gleichen Chancen für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung noch keine Rede sein […]. Es braucht auch Akteure, die uns beispielhaft zeigen, wie eine inklusive Kulturarbeit ganz praktisch aussehen kann. In diesem Sinne danke ich dem Team um die Stifterinnen und Stifter für ihr Engagement.“
Das Museum wendet sich an alle, die Ver-rücktheit aus einem neuen Blickwinkel sehen wollen. Im Anschluss an die Beiträge gibt es die Gelegenheit zum Gespräch mit den Beteiligten – und es wird gefeiert.
Hier geht es zum 2,5-minütigen Animationsfilm mit ausgewählten Objekten des Museums
https://vimeo.com/668889713

Das Aktionsbündnisses Sozialproteste (ABSP) möchte nach so langer Zeit endlich wieder zu einem Treffen des ABSP in Präsenz einladen.

Samstag, den 20. August, 12 Uhr, im „Markt 12“ in Gera

Für diese Einladung habt das ABSP zweierlei Gründe:

  1. gibt es gerade aktuell so viele neue Entwicklungen:
    - 12 Euro Mindestlohn werden tatsächlich ab dem 1. Oktober gelten. Eine Forderung, die die Sozialproteste seit langer Zeit erheben. Aber hätten wir gedacht, dass dies unter diesen Bedingungen von Teuerung usw. kommen wird?
    - Hartz IV soll höchstwahrscheinlich durch ein Bürgergeld ersetzt werden. Die Details dazu sind aber noch gar nicht klar. Für die dem DGB-Bundesvorstand nahestehende Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS) hat Martin Künkler im Einblick vom Juli-August 2022 (Seite 3) einige Anmerkungen und auch Forderungen veröffentlicht.

    Dies beides sind nun sehr konkrete Veränderungen, deren tatsächliche Ausgestaltung und Auswirkungen auf die Lebensumstände von Erwerbslosen und auch allen anderen Menschen mit niedrigen Einkommen noch gar nicht klar sind.

  2. wollen wir die Gelegenheit uns leicht treffen zu können, nutzen, solange es das bundesweite 9-Euro-Ticket noch gibt. Auch für diejenigen, für die eine An- und Abreise mit dem Nahverkehr nicht an einem Tag möglich sein wird, werden wir eine Lösung finden können. Schreibt uns dazu bitte an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder ruft Edgar Schu an (Tel. 0551 20 190 386).
  3. möchten wir mit Euch darüber beraten, inwiefern in Zukunft auch online durchgeführte Treffen eine für das ABSP geeignete Form für Verständigung und auch für Beschlüsse von Aktionen sein können.


    Homepage des Aktionsbündnisses Sozialproteste: http://www.die-soziale-bewegung.de

 

Bundesfamilienministerin Paus fordert angesichts der steigenden Strom- und Heizkosten weitere Entlastungen für einkommensschwache Familien durch eine Kindergelderhöhung.
Siehe: https://t1p.de/v5dcl

Eine sinnvolle und richtige Initiative. Aber auch eine Initiative die an der Realität der Leistungsbeziehenden vorbei geht, denn das Kindergeld wird im SGB II/SGB XII in kompletter Höhe angerechnet. Eine solche Initiative macht nur Sinn, wenn eine Kindergelderhöhung in den Grundsicherungssystemen anrechnungsfrei gestellt wird. Denn sonst werden damit nur die zu erbringenden Kosten der Leistungsträger um die Kindergelderhöhung gemindert.
Also Frau Paus: Entlastung geht anders, hier müssen die Folgewirkungen beachtet und mind. diese angedachte Erhöhung anrechnungsfrei gestellt werden.
Aus dem newsletter von
www.harald-thome.de