Herausforderungen und Perspektiven an die Arbeit im Gemeinwesen in Rumänien und Deutschland

Juliane Sagebiel, Ana Muntean, Bettina Sagebiel (Hg)
Zivilgesellschaft und Soziale Arbeit
ISBN 978-3-940865-88-5 I 2015 I 313 Seiten I 28 €
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Rumänien, seit 2007 Mitglied der Europäischen Union, befindet sich seit dem Systemwechsel 1989 in einem Transformationsprozess hin zu einer demokratisch verfassten Zivilgesellschaft. Diese Entwicklung betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche, den ökonomischen, den kulturellen und den sozialen und tangiert selbst ganz alltägliche Lebensfragen.
"Bei 19,96 Millionen (2013) Einwohnern lebten Ende 2013  in Rumänien nach Angaben des Landesrates für Senioren (CNPV) 5.224.882 Rentner, gruppiert nach folgenden Einkommenskategorien:

  • ƒƒ am und unterhalb des Minimums für ein menschenwürdiges Leben, also unterhalb der Armutsgrenze von ca. 163 Euro lebte etwa die Hälfte der Rentnerinnen und Rentner;
  • ƒƒ während die andere Hälfte unterhalb des Existenzminimums von ca. 100 bis 128 Euro lebte. Der festgesetzte Warenkorb mit 443 Lei (ca. 100 Euro) bezieht sich auf den durchschnittlichen monatlichen Verbrauch eines Rentners als privaten Haushaltsvorstand. Grundlage hierfür sind die Preise von Juli 2013, die vom nationalen Institut für Statistik ermittelt wurden."

"Der nationale Notstand an medizinischen und pflegerischen Fachkräften ist nicht auf eine mangelhafte Ausbildung zurückzuführen, sondern vielmehr auf die geringe monetäre Anerkennung für diese Care-Leistungen. Die Löhne des Pflegepersonals in einem Altersheim, einschließlich Nachtschichten, betragen ca. 150-160 Euro, bei einer Verantwortung für die Betreuung und Pflege von 25 bis 50 Senioren. Unter diesen Bedingungen ist jedes Arbeitsangebot aus dem westlichen Ausland deutlich attraktiver. Für private Pflege erhält die Fachkraft beispielsweise einen Lohn zwischen 1.000 Euro und 1.500 Euro pro Monat plus Unterkunft und Verpflegung (siehe die Beiträge von Rerrich und Sagebiel/Muntean in diesem Band)."

Dei beiden Zitate aus dem Band machen die Herausforderungen deutlich, vor denen die rumänische und europäische Sozialpolitik stehen.

In dem Beitrag "PIN – schlägt eine Brücke zwischen den Generationen in einer rumänischen Gemeinde"
wird der Verlauf eines gemeinwesenorientierten Praxisforschungsprojektes (PIN: Punti intergenerationale Nadrag) in einer kleinen rumänischen Gemeinde am Rande der Westkarpaten geschildert, deren gesamte ökonomische und soziale Infrastruktur sich nach dem Umsturz 1989 verändert hat. Die meisten erwerbsfähigen Menschen arbeiten heute permanent oder temporär im Ausland, zurück bleiben junge und alte Menschen. Ziel des Projekts war, durch die intergenerative Vernetzung zwischen alten und jungen Menschen unter Einbindung kommunaler Akteure und Studierender der Sozialen Arbeit der Universität Timişoara eine Brücke zwischen den Generationen zu schlagen, um nachhaltige Unterstützungsstrukturen zu schaffen, wo fehlende familiäre Strukturen und eine mangelnde staatliche Versorgung eine empfindliche Lücke hinterlassen. Im Projektverlauf wurden Arbeitsprinzipien der Gemeinwesenarbeit, der Sozialraumorientierung und der Ressourcenerschließung in Verknüpfung mit der hermeneutischen Methode Oral History angewendet. dk