Reichtum und Privilegien werden, so Fabian Scheidler, heute nicht in erster Linie durch Markterfolge gesichert, sondern durch verschiedene Formen von „Tributzahlungen“. Dazu gehört zum einen ein Dickicht aus steuerfinanzierten Subventionen für die destruktivsten Branchen der Erde, darunter die Erdöl- und Kohleindustrie, das Großbankensystem, die Auto- und Flugzeugbranche sowie die Rüstungsindustrie. Allein die fossile Energiebranche wird laut Internationaler Energieagentur jährlich mit rund 500 Milliarden US-Dolllar gefördert, der IWF kommt sogar auf fünf Billionen Dollar. Das Großbankensystem in Europa und Nordamerika wäre ohne billionenschwere Bankenrettungen längst bankrott. Auch Steuerflucht und Steuervermeidung, die von den meisten EU-Staaten - allen Lippenbekenntnissen zum Trotz - noch immer geduldet oder gar gefördert wird, muss als eine Form der Subvention betrachtet werden.
Die zweite Säule der Tributökonomie beruht auf leistungslosen Einkommen aus Eigentumsrechten, etwa aus dem Immobiliensektor und Patenten. Dass Menschen in deutschen Ballungsräumen wie Berlin, Hamburg oder München inzwischen die Hälfte ihres Einkommens für überzogene Mieten ausgeben müssen, ist die Folge eines gewaltigen Umverteilungsmechanismus, der Einkommen aus den unteren und mittleren Schichten zu den Immobilienbesitzern kanalisiert.
Die dritte Säule beruht auf Aneignung durch Schulden. Der Fall Griechenland zeigt exemplarisch, wie Schuldnerstaaten erpresst werden, um öffentliche Infrastrukturen zu privatisieren.
"Das globale Tributsystem“, schreibt Fabian Scheidler, "funktioniert nur, weil gewählte Regierungen unsere Steuergelder über unzählige offene und versteckte Wege in die Hände der reichsten ein Prozent kanalisieren und uns am Ende einreden, das Ganze beruhe auf ‚Markterfolgen'. Der erste Schritt zur Überwindung dieses Systems besteht darin, es ans Licht der Öffentlichkeit zu ziehen, seine Legitimität zu bestreiten und es zum Gegenstand politischer Auseinandersetzungen zu machen. In einer größeren Perspektive geht es darum, mit der Trennung von Staat und Kapital endlich ernst zu machen. Eine solche Trennung würde enorme Freiräume für andere, zukunftsfähigere Wirtschaftsformen schaffen."
Terminhinweise:
- Am 12.4.18 wurd ein Beitrag mit Fabian Scheidler in der Fernsehsendung Scobel auf 3Sat gezeigt. Das Thema der ganzen Sendung ist "Marx heute", das Thema des Beitrags "Entfemdung im digitalen Zeitalter“. Beginn 21 Uhr. Ebenfalls in der Sendung dabei: Ulrike Herrmann und Christian Felber: http://www.3sat.de/page/?source=/scobel/196664/index.html
- Am 2.5. um 19 Uhr spricht Fabian Scheidler im Audimax der Universität Freiburg (i. Br.) über "Das Ende der Megamaschine und Wege zu einer sozial-ökologischen Ökonomie“: